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vorheriger Bericht zurück zur Liste nächster Bericht6. März 2025

Von Bergdietikon über alle Berge
Léonie van de Vijfeijken ist Wander- und Schneeschuhleiterin. Sie führt Menschen durch die Bergwelt der Schweiz. Am kommenden Wochenende steht die nächste Tour für «Bergpunkt» an. Geplant ist eine zweitägige alpine Schneeschuhtour südlich des Furkapasses.
Léonie van de Vijfeijken aus Bergdietikon ist zwar nicht aus dem Gefängnis ausgebrochen, aber trotzdem «über alle Berge». Unter diesem Namen bietet sie nämlich geführte Wander- und Schneeschuhtouren in der ganzen Schweiz an. Neben ihrem privaten Angebot auf ihrer Website führt die 53-Jährige auch für die Reiseveranstalter Bergpunkt und Imbach sowie für die Schweizer Alpen Club (SAC) Sektion Manegg Menschen durch die Höhen der Bergwelt.
Am kommenden Wochenende steht die nächste Tour für «Bergpunkt» an. Geplant ist eine zweitägige alpine Schneeschuhtour südlich des Furkapasses. Von Realp UR aus wird sie ihre Gruppe bis zur Rotondohütte auf 2733 Metern über Meer führen. «Die Überquerung am zweiten Tag ist eine alpine Tour und ziemlich anspruchsvoll. Ich freue mich sehr darauf», sagt van de Vijfeijken.
Sie leitet sowohl Tageswanderungen als auch mehrtägige Touren. Im Sommer können Wanderfreunde bis zu fünftägige Wanderungen buchen. Zum Beispiel eine alpine Wanderung im Greina-Gebiet im Kanton Graubünden. Dort geht es von Hütte zu Hütte, inklusive Aufstieg zu den Gipfeln des Piz Greina und Piz Terri.
Geselligkeit mit anderen Wanderfreunden
Van de Vijfeijken geniesst es besonders, auf ihren Touren die unterschiedlichsten Menschen zu treffen. Vor allem auf den Mehrtagestouren lernt sie die Menschen durch die gemeinsamen Pausen und das gesellige Beisammensein in den Berghütten richtig kennen. «Die Gespräche, die dabei entstehen, sind unglaublich – das macht richtig Spass», sagt sie. Sie kennt viele Hütten, auch solche ohne Hüttenwart, in denen man auf sich alleine gestellt ist. Dort sei das Gruppenerlebnis noch intensiver.Eine ihrer Lieblingsrouten ist der Kesch-Trek rund um Davos. Diese mehrtägige Wanderung ist eigentlich auf den Sommer ausgelegt. Nun hat sie eine Möglichkeit gefunden, die Strecke auch im Winter mit Schneeschuhen zurückzulegen – ein kleiner Umweg sei aber nötig. «Die Route gefällt mir wegen der unterschiedlichen Landschaften, die man dabei passiert. Da ist man wirklich weg von der Zivilisation.»
Um sich auf ihre Touren vorzubereiten, studiert sie jeweils die geplante Route genau und erarbeitet einen Plan B für den Fall, dass das Wetter umschlägt. Dazu liest sie die Führer des SAC und studiert die Landkarten der Regionen. Im Winter muss van de Vijfeijken auch die Lawinengefahr an den Hängen entlang der Route prüfen. Dafür benutzt sie «White-Risk», eine Website, die vor Lawinen warnt. Darüber hinaus informiert sie sich über die Natur und Kultur vor Ort, damit sie ihren Gästen etwas über die Region erzählen kann, durch die sie wandern.
Gämse, Steinböcke und seltene Tierspuren
Dass man etwas über die Umgebung erfährt, sei ein Mehrwert ihrer Touren, sagt sie. An passenden Stellen erzählt sie ihrer Wandergruppe etwas über die Flora und Fauna der Region. Auch tierisch gibt es auf ihren Touren einiges zu sehen. Neben den üblichen Verdächtigen wie Murmeltieren, Gämsen und Steinböcken habe sie einmal sogar eine Luchsspur entdeckt. Die Tiere sind sehr selten, in der ganzen Schweiz gibt es laut WWF nur 250 Luchse.Die Berge sind seit ihrer Kindheit ihre Leidenschaft. Und das, obwohl sie aus den Niederlanden stammt, wo der höchste «Berg» nur 320 Meter hoch ist. Mit ihren Eltern fuhr sie jeden Sommer in die Berge, nach Italien, Frankreich, Österreich und in die Schweiz. «Und im Winter sind wir jedes Jahr in den Skiurlaub gefahren – natürlich mit dem Wohnwagen», sagt van de Vijfeijken lachend.
Vor 30 Jahren zogen sie und ihr Mann frisch verheiratet in die Schweiz – um mehr Zeit in den Bergen verbringen zu können. Nach zehn Jahren begann van de Vijfeijken ihre Tätigkeit als Tourenleiterin für den SAC. Das reichte ihr aber nicht, zu stark war ihre Liebe zu den Bergen. Deshalb hat sie nach weiteren Möglichkeiten gesucht, um ihr Hobby auch beruflich ausüben zu können.
Anderen Menschen die Schönheit der Berge zu zeigen, sei ein schöner Ausgleich zu ihrem 60-Prozent-Pensum im Büro. «Ich liebe die Vielseitigkeit. Deshalb möchte ich meinen Bürojob beim WWF auch nicht an den Nagel hängen», sagt sie. Auch als Wander- und Schneeschuhleiterin schätzt sie die Abwechslung zwischen Sommer und Winter sowie zwischen anspruchsvollen Touren für Bergpunkt und komfortableren für Imbach-Reisen.
Sie hat den höchsten Berg der Schweiz bestiegen
Der höchste Gipfel, den van de Vijfeijken je bestiegen hat, ist der Dom im Kanton Wallis mit 4546 Meter über Meer. Er ist der höchste Berg, der vollständig in der Schweiz liegt. In der Nähe des Doms befindet sich auch die Überschreitung Lenzspitze/Nadelhorn. Diese Route steht immer noch auf der Liste von van de Vijfeijken. Vor zwei Jahren wollte sie die Tour mit ihrem Sohn absolvieren, doch dann kam etwas dazwischen: «Bei einer Tour kurz vorher bin ich ausgerutscht. Dabei habe ich mir die Schulter ausgekugelt und musste mit dem Helikopter abgeholt werden – das waren wirklich extreme Schmerzen», erinnert sie sich.Bei aller Faszination für die Berge zieht es van de Vijfeijken auch ab und zu ans Meer. Im Sommer geht es mit der Familie nach Ecuador, wo ihre Tochter derzeit für 8 Monate lebt. Nicht nur zum Wandern am Vulkan Cotopaxi, sondern auch ans Meer auf die Galapagosinseln. «Nur am Strand liegen kommt nicht infrage», dafür sei sie zu bewegungsfreudig, betont sie.
Bild: Léonie van de Vijfeijken vor ihrem Haus in Bergdietikon – als Wander- und Schneeschuhleiterin hat sie sich zumindest dem Namen nach den richtigen Wohnort ausgesucht.
Limmattaler Zeitung vom 6. März 2025 (Text: Tobias Eggenberger, Bild: Severin Bigler)