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3. Juni 2024

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«Neozoen», die tierischen Neophyten

In ihrem spannenden Vortrag brachte uns Camille Schneiter diesmal die Welt der «Neuen Tiere» näher. Aktuell gibt es in der Schweiz bereits 85 invasive Tierarten. Wir erfuhren, wie es dazu kam, wie sie sich auf die ungewohnte Umgebung auswirken – und weshalb der Biber «weder Fisch noch Vogel» ist.

Nachdem wir uns im letzten Jahr eingehend mit dem Thema Neophyten (übersetzt: Neue Pflanzen) beschäftigt und dazu einen interessanten Vortrag von Camille Schneiter gehört hatten, widmeten wir uns Anfang März einem ähnlichen Thema, den Neozoen (übersetzt: Neue Tiere).

Camille Schneiter ist Doktorandin am Lehrstuhl für die Geschichte des Anthropozäns der Universität Zürich und schreibt zurzeit ihre Dissertation zur Geschichte der Neobiota in der Schweiz. Neobiota ist ein Oberbegriff, der neben Neophyten (Pflanzen) auch Neozoen (nicht-menschliche Tiere) und Neomyzeten (Pilze) umfasst.

Wir hörten dieses Mal von Camille, was Neozoen überhaupt sind, welche zu den invasiven oder einheimischen Tieren gehören und warum diese als solche eingestuft wurden.

Die folgenden Informationen sind Camilles Vortrag entnommen.

Neozoen? Archäozoen?

Das Wort «Neozoen» stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet «Neue Tiere». Der Begriff ist somit erst einmal völlig neutral und bedeutet nicht, dass diese Tiere schädlich sind. Er ist aber folgendermassen definiert: «Vom Menschen absichtlich oder unabsichtlich nach 1492 (Entdeckung von Amerika) eingeführte gebietsfremde Tierarten, die sich in einem Gebiet ansiedeln können, in dem sie natürlicherweise nicht vorkamen.»

Das Wort «Archäozoen» stammt ebenfalls aus dem Altgriechischen und bedeutet «Alte Tiere». Definition: «Vom Menschen absichtlich oder unabsichtlich vor 1492 (Entdeckung von Amerika) eingeführte gebietsfremde Tierarten, die sich in einem Gebiet ansiedeln konnten, in dem sie natürlicherweise nicht vorkamen.»

Als einheimisch werden hingegen alle Arten verstanden, «deren natürliches Verbreitungsgebiet in der Vergangenheit oder Gegenwart ganz oder teilweise in der Schweiz gelegen ist».

85 invasive Tierarten

Nur Neozoen können als invasive Tiere gelten: «Wenn bekannt ist oder angenommen werden muss, dass gebietsfremde Arten durch die Ausbreitung in der Schweiz die biologische Vielfalt, Ökosystemleistungen und deren nachhaltige Nutzung beeinträchtigen oder Mensch und Umwelt gefährden können, wird von invasiven gebietsfremden Arten gesprochen.»

Aktuell werden in der Schweiz 85 Tierarten als invasiv eingestuft. Hier einige Beispiele:

Die Regenbogenforelle:
Aufgrund der starken Gewässerverschmutzung Anfang des 20. Jahrhunderts gingen die Fischbestände in Fliessgewässern und Seen stark zurück. Da die Berufsfischer jedoch weiterhin auf hohe Erträge angewiesen waren, wurden Fischarten eingeführt, die belastungstoleranter waren – darunter auch die Regenbogenforelle. Durch ihre starke Verbreitung verdrängt sie jedoch z.B. die einheimische Bachforelle.

Die Nutria:
Die Nutria ist im Süden Südamerikas einheimisch. 1892 wurden die ersten Nutrias für Pelzfarmen nach Europa gebracht. Bisher wurden einzelne Exemplare im Tessin, in der Region des Genfersees und in der Nordwestschweiz gesichtet. Der heutige Bestand setzt sich aus Nachkommen entwichener oder ausgesetzter Tiere zusammen. Wenn grosse Populationen vorhanden sind, können Nutrias Schilfbestände an Ufern zerstören und Riedflächen in offene Gewässer verwandeln. Schilfbrütende Vogelarten können dadurch wichtigen Lebensraum verlieren.

Die Bisamratte (siehe Foto):
Die Bisamratte stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde vor ca. 100 Jahren ebenfalls für die Pelzproduktion nach Europa eingeführt. Wie auch die Nutrias konnten manche Tiere den Pelzfarmen entweichen oder wurden zum Jagen ausgesetzt. Durch ihre schnelle Fortpflanzung konnte sich die Bisamratte rasant verbreiten und wurde 1935 das erste Mal in der Schweiz nachgewiesen, wo sie vor allem im Norden vorkommt. Durch die grossen Schäden, die die Bisamratte an Dämmen und Kanälen anrichten kann, gilt sie als invasiv und wird bekämpft.

Spezialfall Biber

Die letzten einheimischen Biber der Schweiz (im Wallis) wurden 1800 von Menschen getötet. Die Gier des Menschen nach seinem Pelz, Fleisch und Bibergeil – ein Drüsensekret, das nicht nur in der Medizin eingesetzt wurde, sondern auch ein begehrtes Aphrodisiakum war – führte zu seiner hiesigen Ausrottung.

Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Biber wieder angesiedelt und steht seit 1962 unter Schutz. Seit 2022 ist er nicht mehr vom Aussterben bedroht und wurde von der Roten Liste der gefährdeten Arten gestrichen. Heute leben wieder mindestens 4000 Exemplare in der Schweiz.

Der Biber gilt als Ökosystem-Ingenieur und eindrücklicher Baumeister, wodurch er jedoch auch Schäden in der Wald- und Landwirtschaft sowie an Wasserwegen und deren Infrastruktur anrichten kann. Anders als die Nutria und die Bisamratte gilt er deswegen jedoch nicht als invasiv, da er zur Kategorie der einheimischen Tierarten gehört.

Das «Konzept Biber Schweiz» (BAFU 2016) enthält u.a. rechtliche Grundlagen zur Entschädigung von Biberschäden und soll dazu beitragen, dass Mensch und Biber gut miteinander auskommen.

Wir danken Camille wieder einmal für diesen interessanten Abend und hoffen, dass sie auch in Zukunft noch einige spannende Vorträge für uns im Gepäck hat.

Bild: Adobe Stock
Definitionen aus: Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Umwelt: Gebietsfremde Arten in der Schweiz, Glossar, 2022, S. 13 und 48.



Bericht: Naturschutzgruppe Bergdietikon

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