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vorheriger Bericht zurück zur Liste nächster Bericht19. Juli 2023
Bergdietikerin ist erneut Fifa-Bastel-Queen
Weil der Original-Pokal wegen der Frauen-Fussball-WM nicht in Zürich ist, zeigt Melina Borges ihren Bastel-Pokal im Fifa-Museum.
Melina Borges’ Pokal schimmert und glänzt perlmuttfarben. Das Werk hat sie aus Alltagsgegenständen geschustert: Es besteht aus einem ausrangierten Kerzenständer, zwei muschelförmigen Papptellern, einem Mini-Schaumstoff-Fussball und selbst bemalten Perlen. Und natürlich viel Glitzer. Es könnte die Arbeit einer professionellen Künstlerin sein, doch es ist jene der achtjährigen Melina aus Bergdietikon.
Die Fifa hat für Kinder im Alter von 8 bis 14 Jahren einen Wettbewerb ausgeschrieben unter dem Motto «Wie sieht dein Pokal aus?». Dies wegen der Frauen-WM, die vom 20. Juli bis zum 20. August in Australien und Neuseeland stattfindet. Weil sich der Original-Pokal dann also nicht in Zürich, sondern auf der anderen Seite der Erde befindet, werden im Fifa- Museum beim Bahnhof Zürich Enge stattdessen Pokale ausgestellt, die von Kindern gebastelt wurden.
Was Frauen besonders gefällt
Von allen eingereichten Bastel-Pokalen wurden drei ausgezeichnet. Diese Gewinnerpokale werden nun abwechselnd für je zehn Tage im Fifa-Museum gezeigt. So auch jener von Melina Borges. Beeindruckend ist: Schon während der Männer-WM, die im November und Dezember 2022 in Katar stattfand, kam Melina in die Kränze und durfte ihren selbst gebastelten Ersatzpokal im Fifa-Museum zeigen.Beim Design des Pokals für die Frauen-WM fragte sich Melina, was Frauen besonders gefällt. «Frauen mögen schöne Dinge. Von meiner Mama habe ich gelernt, dass Muscheln den goldenen Schnitt haben. Daher werden die Muscheln als besonders schön empfunden», schrieb Melina in einem Motivationsbrief an das Fifa-Museum. Darum also hat Melina beschlossen, mit Muscheln zu arbeiten. Mit den schönen Schalentieren kam sie erstmals auf der britischen Kanalinsel Jersey in Berührung. Von ihrer Ästhetik war sie sofort verzaubert. Von ihrem Vorhaben waren jedoch längst nicht alle begeistert. «Alle sagten mir, dass ich den Wettbewerb kein zweites Mal gewinnen werde und dass es sich nicht lohne, nochmals mitzumachen. Vor allem nicht mit einer Muschel. Das habe nichts mit Fussball zu tun», sagt Melina. Trotzdem setzte sie die Idee um. Und siehe da: Sie gewann zum zweiten Mal. «Ich konnte es zuerst gar nicht glauben. Ich habe nicht damit gerechnet», sagt sie. Melina gewinnt mit ihrem Pokal zudem einen Gratis-Eintritt ins Fifa-Museum. Dieses ist beliebt. «In der Sommerzeit erwartet das Museum um die 700 Gäste pro Tag», sagt Patrick Tobler, Content und Community Manager des Fifa-Museums.
Melina ist das Basteln in die Wiege gelegt worden. Seit sie klein ist, setzt sie ihre künstlerischen Gedanken um und bastelt mit allem, was sie in die Finger kriegt. Leidtragender davon ist das Haus: «Ich bin gut darin, das Haus dreckig zu machen», sagt sie lachend. «Melina hinterlässt überall ihre Spuren. Sie muss jetzt lernen, selber aufzuräumen», sagt ihre Mutter, Nadja Borges. Melina gestaltet auch viele Geschenke, etwa für ihre Grosseltern. Kürzlich hat sie ein riesiges Raumschiff für ihre Mutter angefertigt.
«Ich bastle einfach drauflos»
Beim Basteln geht Melina nicht nach einem Konzept vor. «Ich bastle einfach drauflos und befolge keinen Plan», sagt sie. Das gilt auch für den neuen Pokal. In diesen hat sie mehr Zeit investiert als in den ersten Pokal, nämlich rund vier Wochen. Hilfe benötigte sie keine. «Für den Pokal habe ich sehr viel Leim gebraucht», sagt sie. Das Mädchen hat kroatische, spanische, kubanische und schweizerische Wurzeln und spricht mit ihrem Vater fliessend Englisch.Melina verbringt ihre Freizeit am liebsten mit Freunden. «Jungs haben coolere Spiele als Mädchen», sagt sie. Durch sie kommt Melina auch mit Fussball in Berührung: Oft spielen sie im Garten eines Freundes zusammen. Auch Karate hat sie für sich entdeckt. Die Frauen-Fussball-WM wird Melina gelegentlich am Fernseher bei ihren Grosseltern verfolgen. Ihr Opa schaut gerne Fussball.
Stillsitzen und Zuhören ist nichts für sie
Melina kommt nach den Sommerferien in die dritte Klasse. Und welches Fach mag sie in der Schule am liebsten? «Textiles und Technisches Gestalten und natürlich die Pausen», sagt sie und lacht. Stillsitzen und Zuhören empfindet sie als anstrengend. Sie erfindet und kreiert lieber. So ist sie beispielsweise schon an einem nächsten grossen Projekt dran, nämlich dem Bemalen einer Wand im Haus. Ihr grosses Vorbild ist Willy Wonka aus «Charlie und die Schokoladenfabrik», denn irgendwann später möchte sie selber Süssigkeiten herstellen.Limmattaler Zeitung vom 14. Juli 2023 (Text: Aline Fuhrer, Bild: Mathias Förster)