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vorheriger Bericht zurück zur Liste nächster Bericht3. Juli 2023
Neues Online-Museum weckt Erinnerungen
Bergdietikon hat jetzt eine digitale Geschichtskarte – am Samstag war Vernissage in der Turnhalle Bergdietikon. Das neue Angebot stiess auf reges Interesse.
An den in der Bergdietiker Turnhalle aufgestellten Laptops wurde geklickt und geklickt, es wurde geschaut und gestaunt. Überrascht entdeckte etwa eine Frau, dass es einst einen lokalen Eishockeyclub gab, der auf dem gefrorenen Egelsee spielte. Daneben zeigte ein Grossvater auf ein schwarz-weisses Bild und erklärte, dass während des Zweiten Weltkrieges hinter dem Rai-Hoger in Baracken Polen untergebracht waren, die einen Weg zum Egelsee bauten. Nein, das habe er gar nicht gewusst, antwortete der Mann lachend auf eine Frage seines Enkels. «Diese Informationen stehen zum Glück alle da.» Und an einem anderen Laptop war eine Frau auf eine Fotografie eines Mannes gestossen und rief laut aus: «Das ist doch der, der … du weisst schon!»
Damit erfüllte die am Samstag vorgestellte und online gestellte digitale Geschichtskarte bereits, was sich die Verantwortlichen von ihr erhofft hatten. Das Online-Museum solle etwa nostalgische «Weisch no»-Erlebnisse ermöglichen sowie zum Entdecken und Verweilen einladen, hatte die zuständige Gemeinderätin Françoise Oklé in ihrer Ansprache festgehalten.
Idee entstand während Pandemie
Derzeit sind 132 Orte in der Online-Geschichtskarte vorhanden, die mit rund 1300 Dokumenten verknüpft sind, wie Projektleiterin Brigitte Diggelmann von der Museumskommission erklärte. Die Mehrheit davon besteht aus historischen Bildern und aktuellen Ansichten bedeutender Gebäude und Plätze. Zu finden sind aber auch Zeitungsberichte – etwa zu den beiden Überfällen auf die Post –, Pläne oder Briefe. «Die Karte soll leben», meinte Diggelmann. Sie soll laufend mit neuen, aktuellen Bildern ergänzt werden, die das Dorfleben dokumentieren.In den Dokumenten lässt sich einfach stöbern; über das zentrale Element – die Karte von Bergdietikon – können direkt Orte angeklickt werden. Es lassen sich aber auch nur Dokumente einer gewissen Epoche oder zu einem bestimmten Thema anzeigen. Zu allen Dokumenten sind – insbesondere dank des historischen Wissens von Lotti Locher – Informationen zusammengetragen und erläuternde Texte verfasst worden.
Die Idee für das Online-Museum entstand während der Coronapandemie, als die Museumskommission die Arbeiten für eine Ausstellung über das Postwesen stoppen musste, wie deren Präsident Urs Spörri sagte. Das Ortsmuseum, das 2009 offiziell startete und in einem Raum im Untergeschoss des Gemeindehauses untergebracht ist, sei jetzt an «einem Wendepunkt» angelangt, meinte Spörri. Die von CultArt entwickelte digitale Geschichtskarte sei immer, von überall aus und auf den unterschiedlichsten Geräten erreichbar.
Die digitale Geschichtskarte ging am Samstag im Rahmen einer kleinen Feier zu 225 Jahren Gemeinde Bergdietikon online. Verschiedene Vereine – von der Pfadi Limmattal über die Nachhaltigkeitskommission bis hin zur Dorfgemeinschaft und der Trachtengruppe – stellten sich in der Turnhalle vor. An deren Ständen waren Laptops aufgestellt, dank deren die Besucherinnen und Besucher in der neuen digitalen Geschichtskarte stöbern konnten.
Dabei kam es mehrmals zur selben Szene: Umstehende fragten: «Darf ich mal?» Und meist war die Antwort: «Warte kurz, ich möchte nur schnell noch dieses eine Bild anschauen.»
Limmattaler Zeitung vom 3. Juli 2023 (Oliver Graf)