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29. April 2020

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«Tschipfu-tschii» im Alten Kindergarten

Wussten Sie, dass es in unserem Dorf ein Kindersingen gibt? Ich nicht. Darum wollte ich mehr darüber erfahren und habe mich einladen lassen (zum Glück noch vor dem Lockdown). Dazu nahm ich meinen knapp zweieinhalbjährigen Enkel mit.

Der Spielplatz – sprich kinderfreundliche Umgebung – beim Alten Kindergarten in Kindhausen zog meinen Enkel magisch an. So verbrachten wir dort die Zeit, die wir zu früh waren. Aber kurze Zeit später kam schon Karin Häusermann, eine der Leiterinnen, mit ihrer Tochter Yael und die beiden Kinder spielten, während wir uns über das Singen unterhielten. Karin leitet das Singen zusammen mit Simone Oelhafen, die leider an diesem Tag nicht kommen konnte. Seit ca. eineinhalb Jahren wechseln sie sich ab bei dieser Aufgabe.

Im Alten Kindergarten, wo sonst eine Spielgruppe zu Hause ist, hat das Kindersingen am Dienstagvormittag seinen festen Platz. Ausser in den Schulferien findet es jede Woche statt.

(Fast) jedes Kind hat sein eigenes, schön besticktes Sitzkissen. Das Besticken braucht halt etwas Zeit, aber Ziel ist es, dass jedes Kind, das zum Singen kommt, eines bekommt. Zuerst begrüsst der Kasperli jedes Kind einzeln. Es ist «härzig» zu sehen, wie die Kinder den Kasperli begrüssen: Händchen geben, umarmen, dem Kapserli einen Kuss auf die Nase drücken – jedes Kind darf ihn begrüssen, wie es will.

«Alli mini Quietsch-Äntli»

Es werden verschiedene Lieder gesungen, und wer den Text nicht kennt – kein Problem. Karin und Simone können ein kleines Büchlein abgeben, das Trang Fleischmann, eine ehemalige Leiterin, gemacht hat und aus dem man spicken kann.

Karin hat auch eine Schachtel voll Quietsch-Enten mitgebracht. Für was für ein Lied wohl? Natürlich «Alli mini Äntli». Und an dem Punkt (in der dritten Strophe), wo es heisst «laufed über d Wiese und schnädered dezue», dürfen die Äntli quietschen, was das Zeug hält. Wir mussten das Lied natürlich mehr als einmal singen – die Kinder wollten ja mit den Äntli «schnädere».

Dann kam noch der Hai, der sich alle kleinen Meerestiere «schnappte», die vorher alle Kinder bekommen hatten. Das fanden sie natürlich so lustig, dass auch dieses Singspiel wiederholt werden musste.

Auch Kniereiter wie «Hoppe, hoppe Reiter» sind bei den Kindern sehr beliebt. Dazu sassen die Mamis (Papis waren an diesem Tag nicht dabei) auf den kleinen Kinderstühlen und dann gings los. Was für ein Gekicher, als die Reiter in den Sumpf fallen durften!

«Isebahn» mit Schlafwagen

Nach weiteren Liedern und Tänzchen durften die Kinder noch im Zug mitfahren. Eine runde Plane wurde am Boden ausgebreitet, wo alle Kinder drin Platz nehmen konnten. Nun packten die Mamis die Plane an allen Griffen und zogen sie rundherum über den Boden, wobei alle «Tschipfu-tschii, en Isebahn chunnt» sangen. Dann wurde der Text einfach abgeändert und die Kinder konnten noch ein Lied lang im Schlafwagen «fahren».

Ein Fingervers, ein Schlusstänzchen – schon waren die 45 Minuten um. Nachdem man die Kinder von den Spielsachen, die überall einladend herumstanden, weggelotst hatte, wurden Schuhe, Jacken, Kappen wieder angezogen und hinaus ging es. Manche mit etwas zu Essen in der Hand (Singen macht hungrig!). Noch einmal schaukeln und rutschen mussten die einen, die anderen drängte es nach Hause – bald kam vielleicht das grössere Geschwister hungrig von der Schule nach Hause.

Mein Enkel hat nicht gerade toll mitgemacht – es waren ja alles neue Kinder, die er noch nie gesehen hatte. Er brachte es auf den Punkt, als wir draussen waren: «Ennio nöd gsunge!» – wie wenn ich das nicht bemerkt hätte.

Wirklich eine schöne Idee von Karin Häusermann und Simone Oelhafen, dass sie das Kindersingen übernommen haben und sich die Zeit nehmen, das Kindersingen jede Woche sorgfältig vorzubereiten. Die Lieder und Versli passen sie immer den Jahreszeiten an. Aber selbstverständlich werden die gleichen Sachen einige Wochen beibehalten. Kinder freuen sich auf das, was sie kennen, und möchten es wiederholen.

Wollen auch Sie mit Ihrem Kind oder Ihrem Enkelkind zum Singen gehen? Dann melden Sie sich vorgängig bei Karin Häusermann, Tel. 076 381 39 93, oder bei Simone Oelhafen, Tel. 078 628 02 85.

Patrizia Bleiker

Es war einmal …

Spätestens als ich meinen Artikel fertig geschrieben hatte, begann mich die Frage zu beschäftigen, wie, wann und warum das Kindersingen eigentlich entstanden ist. Also begann ich nachzuforschen. Das war gar nicht so einfach, da es immer wieder Wechsel gegeben hat. Ich wollte auch unbedingt die Gründerin finden und etwas über ihre Motivation für die Gründung finden. Dass es sich dabei um eine Kollegin und Ausbildnerin aus meiner Zeit beim Samariterverein Dietikon handelte, hatte ich nicht erwartet.

Als ich Evelyn Lüchinger dann anrief und nach dem Kindersingen fragte, war sie sofort bereit, für mich in den Estrich zu steigen. Beim Stöbern machte sie eine regelrechte Zeitreise, wie sie mir schrieb. Erinnerungen an schöne und berührende Momente seien aufgetaucht. Sie war erstaunt und natürlich erfreut, dass es das Kindersingen noch gibt. Damals hiess es «Baby-Singen» (siehe erster Flyer). Wieso sie das Baby- oder Mu-Ki-Singen gegründet hat, hat sie mir so geschrieben:

Als ich im Dezember 1994 nach Bergdietikon gezogen bin, war das Angebot für Mamis mit Kindern noch sehr bescheiden. Es gab ein Mu-Ki-Turnen für Kinder ab 3 Jahre und einen Mu-Ki-Treff, das war’s … Mit meinem damals knapp zweijährigen Sohn Kevin blieb mir also nur der Mu-Ki-Treff. Doch die Atmosphäre entsprach mir nicht. Als dann mein zweiter Sohn Janik knapp zweieinhalb Jahre alt war, wurde ich auf ein Mu-Ki-Singen in Dietikon aufmerksam. Mit Freude haben wir da mitgemacht, bis nach ca. sechs Monaten die Leiterin wegzog. Ich stand also wieder am gleichen Punkt wie drei Jahre zuvor. Nach kurzer Zeit vermissten wir aber beide diese musikalischen Treffen sehr. Es brauchte daher nicht allzu viel Bedenkzeit, um die Idee selber in die Tat umzusetzen.

Bereits am 17. August 1999 konnte ich mit dem ersten Mu-Ki-Singen im Alten Kindergarten Kindhausen starten. Welch eine Freude! Gleich bei der ersten Durchführung konnte ich mit zwölf Kindern (neun Mamis) starten! Nie hätte ich gedacht, dass diese Idee so gut ankommt und anscheinend einem Bedürfnis entspricht. Das immer gleiche Begrüssungsritual, gefolgt von einem Bewegungsteil, dann einem ruhigeren Teil und gegen den Schluss nochmals etwas Bewegung, bevor es dann in das immer gleiche Abschiedsritual überging, schien den Kindern sowie den Müttern zu gefallen. Viele Lieder kannten wir Mütter ja auch noch aus unserer eigenen Kindheit. Es war aber auch nicht schwierig, neue Lieder einzubauen. Mit «Zimetstern» und «Sunnestrahl» von Andrew Bond sowie auch den Schlieremer-Chind stand eine breite Palette zur Verfügung.

Ich habe keine Zusatzausbildung für dieses Angebot gebraucht/gemacht. Meine Freude am Singen, meine musikalische Begabung (welche als Schülerin der Stadtjugendmusik Dietikon geschult wurde) und ein bisschen Kreativität für Bewegungen, den Lied-Texten entsprechend, reichten vollkommen aus. Wenn mir die Mütter erzählten, dass die Kinder zu Hause ihren Liederordner nehmen, sich auf den Boden setzen und die Lieder zu singen beginnen, dann ging mir das Herz förmlich auf. Singen macht glücklich, sagt man. Ich habe das selber immer wieder während einer privaten schwierigen Situation erlebt.

Am Anfang hat mein Sohn Janik immer mitgemacht. Als er dann in den Kindergarten kam, war ich «ohne Kind» im Singen. Es hat jedoch nie lange gedauert, bis ein Kind mit mir mitmachte, während das Mami mit dem Geschwister mitgemacht hat. So viele Mütter haben mit einem Kind gestartet, und dann irgendwann mit dem zweiten oder dritten Kind mitgemacht.

Leider musste ich Ende Mai 2005 das Mu-Ki-Singen abgeben. Es war mit der notwendigen Aufstockung meines Arbeitspensums als Arztgehilfin nicht mehr vereinbar. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich tatsächlich 207 Lektionen Mu-Ki-Singen erteilt! Wahnsinn …


Anscheinend war dieses Mu-Ki-Singen ein Bedürfnis, denn nicht nur Mütter aus Bergdietikon waren mit dabei. Auch von Urdorf, Friedlisberg, Berikon und sogar Jonen kamen Mütter mit ihren Kindern!

Mit weiteren Abklärungen habe ich versucht, die Lücken der Leiterinnen bis heute zu schliessen. Obwohl ich nicht ganz sicher bin, ob ich wirklich alle gefunden habe, hier die Liste:
  • 1999–2005: Evelyn Lüchinger, Bergdietikon
  • 2005–2010: Irene Bucher, Urdorf
  • 2010 (für kurze Zeit, damit das Kindersingen nicht «stirbt»): Caterina Kamm, Bergdietikon
  • 2010–2012: Daniela Hamburger, Urdorf
  • 2012–2016: Denise Briner, Urdorf und Daniela Schärer, Bergdietikon
  • 2016–2018: Sandra Steinger, Bergdietikon, eine Zeit lang zusammen mit Trang Fleischmann, Bergdietikon
  • seit 2018: Karin Häusermann und Simone Oelhafen

Die Gründerin Evelyn Lüchinger war ganz gerührt, als sie von mir erfuhr, dass es das Kindersingen auch jetzt, nach 20 Jahren, immer noch gibt. Es ist wirklich schön, wenn man mit Kindern singen kann: Man gibt eine Kultur weiter, die sehr wichtig ist und später in unserer leistungsorientierten Gesellschaft einfach zu kurz kommt. Und die Kinder schätzen das – mein Enkel hat es auch hier auf den Punkt gebracht, indem er vier Wochen nach dem Lockdown gesagt hat: «Nonna goh, singe!»

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